Forschungsprojekte

Im Rahmen des SNF-geförderten Forschungsverbundes am Institut für Theaterwissenschaft entstehen drei Dissertationen, eine Early-Postdoc-Studie und eine Monographie zu Figurentheater.

 

M.A. Marcel Behn

Dissertationsprojekt Stage Adaptations of Über das Marionettentheater (Bühnenadaptionen von Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater)

Trotz der Vielfalt an Semantisierungen von Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater gibt es bislang keine Untersuchungen zu tanz- und figurentheatralen Adaptionen desselben – ein Desiderat, das angesichts der Referenzen dieses Textes auf beide Sparten umso mehr erstaunt. Dabei geht gerade von solchen Adaptionen, mit ihren je spezifischen ästhetischen Verfahren und reflexiven Bezugnahmen auf den Text, ein Erkenntnispotenzial aus, das dem wissenschaftlichen Diskurs neue Forschungsimpulse liefern und reflexive Denkräume eröffnen würde. Als Teilprojekt des SNF-geförderten Verbundprojekts Offene Manipulation. Figurentheater als Movens spartenübergreifender Theater-, Tanz- und Musiktheaterforschung befasst sich die Dissertation Stage Adaptations of Über das Marionettentheater (Arbeitstitel) erstmals und aus tanzwissenschaftlicher Perspektive mit diesem Desiderat. Dabei soll sowohl eine diskursanalytische „Archäologie“ der diese Literatur regulierenden Tanzverständnisse unternommen sowie eine Synthese der bisherigen tanzwissenschaftlich orientierten Forschungsbeiträge zum Marionettentheater-Diskurs erreicht werden.

 

M.A. Franziska Burger

Dissertationsprojekt Ausser-sich-Sein. Verhältnisse von Spieler_in und Spielfigur im gegenwärtigen Figurentheater

Die Beschreibung und Untersuchung des Verhältnisses zwischen menschlichen Spieler/innen und künstlicher Spielfigur ist von besonderer Relevanz für eine weiterführende Analyse der offenen Manipulation. In der Forschungsarbeit Ausser-sich-Sein – Das Verhältnis von Spieler/in und Spielfigur im gegenwärtigen Figurentheater wird diese Relation aus einer schauspieltheoretischen Perspektive untersucht. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass im Gegensatz zum Schauspiel mit (ausschliesslich) menschlichen Akteur/innen, wo in der Regel Schauspieler/innen mit den Mitteln des eigenen Körpers eine Figur generiert, im Figurentheater eine solche durch das Zusammenspiel von Mensch und Spielfigur entsteht. Essentiell für diesen Prozess ist die Aufhebung der Priorisierung des menschlichen Körpers innerhalb des Systems theatralischer Zeichen: Mensch und Ding interagieren im Figurentheater als demokratische Partner. Mithilfe der Methode der Aufführungsanalyse werden ausgewählte Figurentheaterinszenierungen aus dem Zeitraum 2000-2017 untersucht.

 

Dr. Laurette Burgholzer

Early-Postdoc-Studie Körper und Erbe in gegenwärtigen Figurentheater-Ausbildungen

Das Postdoc-Projekt zielt auf die Erforschung gegenwärtiger Figurentheater-Ausbildungen im französisch- und deutschsprachigen Raum ab. Zwei Aspekte stehen dabei im Vordergrund, einerseits der menschliche Körper hinsichtlich Körperkonzept, Training, Einsatzweisen sowie der Verhältnisse zwischen Figurenspielerkörper und Figurenkörper, und andererseits der Umgang mit direktem oder indirektem Erbe und Aneignungen, welche die heutigen Ausbildungsmethoden, die Weitergabe von Prinzipien und spezifischer Terminologien mitgestalten. Gegenwärtige Figurentheater-Ausbildungen werden in einer historischen Perspektive betrachtet. Da eine Ausbildungsstätte stets auch Ort der Erinnerung ist, werden im Rahmen des Forschungsprojekts Fragen der Aneignung, der Ablehnung und der Transformation von Körpertechniken, von Systemen und Grammatiken des Körpergebrauchs im Figurentheater im Austauschverhältnis zu Körpertheater (Mime) und Maskentheater untersucht.

 

Prof. Dr. Beate Hochholdinger-Reiterer

Publikationsprojekt Geschichte der Theoretisierung von Figurentheater

Die Monografie ist als Arbeitsbuch konzipiert, das sowohl für ein Fachpublikum als auch für Studierende von Interesse ist. Eine exemplarische Auswahl an kanonisierten und unbekannten theoretischen Texten zum Figurentheater wird ins Deutsche übersetzt und kommentiert. In einem umfangreichen Einführungsteil wird die bisher ungeschriebene Geschichte der Theoretisierung von Figurentheater erstmals (theater)wissenschaftshistorisch kontextualisiert und aufbereitet.

 

M.A. Angela Koerfer-Bürger

Dissertationsprojekt Imaginierte Figurenkörper im zeitgenössischen Musiktheater

Im Dissertationsprojekt Imaginierte Figurenkörper im zeitgenössischen Musiktheater werden Wahrnehmungsmechanismen von live singenden und gleichzeitig live animierten Figuren und Objekten im musikalischen Theater untersucht. Durch zeitliche Verschiebungen, Überlagerungen der Erzählebenen und räumliche Fragmentierungen des Bühnenraums wird bei Figurentheater-Aufführungen die Wahrnehmung der Zuschauenden besonders stimuliert. Eine linear-chronologische Aufführungsanalyse reicht nicht mehr aus, um dem Phänomen der kombinierten Genres gerecht zu werden. Daher entwickelt die Forschende im Dissertationsprojekt eine neue Analyse-Matrix, die sich die Erkenntnisse des episodischen Erinnerns (episodic memory) sowie des projizierenden Erlebens (episodic future memory) für die theaterwissenschaftliche Aufführungsanalyse zunutze macht. Vielstimmigkeit, surreale Verzerrungen und die Wahrnehmung des Lebendigen sind die drei Blickwinkel, unter denen die Musiktheateraufführungen auf ihren Gehalt an episodisch Erlebbarem untersucht werden.